Rutschpartie ins Blaue

Ab in den Plastikschlauch: die Hessischen Meisterschaften im
Röhren-Rutschen

Bad Arolsen. Die Fahrt geht ins Blaue. Oder besser gesagt: ins
Türkisfarbene. Genau 102 Meter windet sich die Rutsche im Schwimmbad
Arobella in die Tiefe. Oben steht Betriebsleiterin Jeannine Trsek und
hält mir ein Funkgerät ans Ohr. Gleich kommt das Startkommando.
Konzentration! Ich gucke in die Röhre.

Im Bad Arolser Schwimmbad finden an diesem Sonntag die hessischen Meisterschaften im Rutschen statt. Unter anderem in der Königsklasse: Männer über 70 Kilogramm. Mit Edding hat mir jemand gleich im Eingangsbereich eine Startnummer auf den Arm geschrieben: I 11. Hinter mir auf der Wendeltreppe im Rutschenturm warteten die Startnummern I 8, I 9 und I 12 - der halbe Ortsbeirat von Schmillinghausen. "Wir haben gestern Abend spontan entschieden, mitzumachen", erzählte Rolf Engelhard. "Wir wollten auch mal an hessischen Meisterschaften teilnehmen." Warum nicht im Rutschen?
"Los!", quäkt es durchs Funkgerät. Mit Schwung sause ich los. Der Start
ist sehr wichtig, heißt es. Möglichst schnell die Dreiecksposition
einnehmen: Schulterblätter und eine Ferse nach unten drücken. Andere
Körperteile sollen das Plastik nicht berühren.

Hinterhältige Doppelkurve
Also die Beine übereinanderschlagen, das Kreuz durchdrücken. Viel kommt
darauf an, stromlinienförmig zu gleiten. Die Doppelkurve auf halber
Strecke ist hinterhältig, sie bremst den Schwung aus. Wasser spritzt ins
Gesicht. Und dann ist schon wieder Licht am Ende des Tunnels zu sehen.

Mit einem satten Platscher lande ich im Becken. Der erste Blick gilt der
Stoppuhr: 19,36 Sekunden. Ist das jetzt gut oder schlecht? "Festhalten
gilt nicht", spöttelt Chef-Organisator Rolf Allerdissen. Als ob ich
absichtlich gebremst hätte! Die Tagesbestzeit, die auch Bahnenrekord
ist, liegt bei 15,29 Sekunden – ein Unterschied von Lichtjahren.
Maik-Christian Welbing heißt der Champion, er ist extra aus Hamburg nach
Bad Arolsen gekommen. Nur zum Rutschen. Am Ende gewinnt er in Arolsen
und qualifiziert sich für die westdeutschen Meisterschaften im Oktober
in Hamm. Schon nach den ersten Durchgängen hat er nicht den Eindruck
gemacht, als ob er ernsthaft an seinem Erfolg zweifeln würde.

Für mich ist dagegen die Karriere als Rennrutscher nach den
obligatorischen fünf Durchgängen beendet. Immerhin hat es am Ende noch
für den zehnten Platz der Klassenwertung gereicht. Nun gut – von zwölf
Teilnehmern.