Wettrennen auf Schultern und Hacke

Wettrutschen im Wasser – der Badespaß ist nun eine offizielle Sportart mit klaren Regeln. Da es bei den Rennrutsch-Veranstaltungen nicht immer fair zugeht, wurde gleich ein Verband gegründet. Doping ist streng verboten, denn die Teilnehmer dürfen keine Öle und auch keine Unterlagen benutzen. Mit Schwung geht's in die blaue Röhre. Holger Wienzek packt die Querstange, springt ab und schwingt sich auf die Wasserrutsche. Sofort spannt er den Körper an und schießt durch die engen Kurven hinab.
Wasser spritzt dabei kaum von der Bahn. „Ich schmeiße mich da rein und sehe zu, dass ich schnell Geschwindigkeit erreiche“, sagt der 40-Jährige aus Porta Westfalica. Wienzek rutscht nicht nur zum Spaß, sondern auch mit sportlichem Ehrgeiz: Er ist Mitglied des Deutschen Rennrutsch Verbandes (DRV), der sich kürzlich gegründet hat.

„Das ist wie bei anderen Rennen“, sagt Wienzek. „Die Geschwindigkeit, die Technik, die Ausnutzung der Kurven.“ Noch beim Absprung – fachmännisch „Einschwung“ – geht er ins Hohlkreuz und kommt mit Schultern und einer Hacke auf der Bahn auf. Das „magische Dreieck“ ermöglicht dem Rennrutscher, mit möglichst wenig Hautkontakt und somit wenig Reibung durch die Wasserrutsche zu sausen. „Man muss sehen, dass man sofort den Hintern hoch bekommt und die Spannung hält.“

Wettrutschen im Wasser – der Badespaß ist nun offizielle Sportart mit klaren Regeln. „Jeder von uns hat die leidvolle Erfahrung gemacht, dass die Rennen mehr eine Kirmesveranstaltung sind“, sagt Rolf Allerdissen aus Spenge, Vorsitzender des DRV und Bundestrainer in spe. „German Speedchuting National Team“ steht auf der Jacke des 40-Jährigen. Da es bei den Rennrutsch-Veranstaltungen nicht immer fair zugeht, hat er mit Gleichgesinnten den Verband gegründet.

Doping ist streng verboten

Die DRV-Mitglieder sausen nun nach den Regeln der Deutschen Rennrutsch-Verordnung (DRRO) die Wasserrutschen in der Republik hinunter: entweder auf dem Rücken oder in Sitzhaltung, jeweils mit den Füßen voran. „Das ist stark an die deutsche Rennrodelverordnung angelehnt“, sagt Allerdissen. Doping ist streng verboten: Die Teilnehmer dürfen keine Öle und auch keine Unterlagen benutzen. 14 Mitglieder aus Niedersachsen, Hessen und NRW zählt der Verband bislang.

Holger Wienzek trainiert für Wettkämpfe wie die Deutschen Meisterschaften regelmäßig. Mit Erfolg: Der Geschäftsführer eines gemeinnützigen Vereins ist zugleich norddeutscher Meister und deutscher Vizemannschaftsmeister, und hält Bahnrekorde auf verschiedensten Wasserrutschen in ganz Deutschland. Leichte Verletzungen bleiben allerdings nicht aus: „Ich hatte blaue Flecken an den Hüften, Prellungen an Rücken und Ellenbogen sowie Hautabschürfungen. Das gehört bei so einem Sport einfach dazu.“

Etwa 1000 Mitglieder peilt er für den DRV an

Rolf Allerdissen rutscht schon seit 20 Jahren mit Begeisterung – und setzt ebenso auf die Begeisterung seines Teams. „Die Motivation ist wichtig, das macht zum Teil Sekunden aus beim Rennen“, sagt der Eventmanager. Etwa 1000 Mitglieder peilt er für den DRV an. Mit der Gründung des Verbandes werden die Rennrutscher auch endlich ernst genommen. Beispiel Deutsche Meisterschaften: Der Titel wird zwar schon seit zehn Jahren „ausgerutscht“, doch demnächst sollen sich die Wettkämpfe nach den DRV-Regeln richten.

Die Regeln sollen dabei auch die Sicherheit auf den Rutschen gewährleisten. „Unsere Beobachtung ist: Bei den freien Rutschen hält sich kaum jemand an die Vorschriften des TÜV“, sagt Allerdissen. Im Vordergrund soll aber nach wie vor das Vergnügen stehen: „Der Sinn ist, dass man Spaß und Ehrgeiz hat und den Sport nicht mit den Ellenbogen betreibt.“

Quelle: Welt Online, www.welt.de